Interview mit Irma Dütsch
Ein Leben für die Berufung zum Koch
Irma Dütsch - «Amitié gourmande» ist ein aussergewöhnliches Kochbuch. Was hat Sie auf diese Idee gebracht?
Vor ein paar Jahren habe ich ein erstes Kochbuch realisiert. Nun wollte ich etwas Neues machen. Während meines Lebens haben mich immer sehr viele Freunde begleitet. Rasch entstand die Idee, einige meiner Freunde in mein neues Buch mitzunehmen und mit ihnen ihre und meine schönsten Rezepte zu kochen. Ich hätte noch so viele Freunde, dass es für einige weitere Bücher reichen würde.
Was ist das Besondere am Kochbuch «Amitié gourmande»?
Es ist ein kreatives, persönliches Kochbuch.
Ich habe alle im Buch porträtierten Freunde persönlich besucht und mit ihnen gemeinsam ihre Gerichte gekocht. Einige sind keine Spitzenköche und arbeiten in Berufen, die mit der Gastronomie
verwandt sind. Mit ihnen habe ich meine Lieblingsmenüs zubereitet. Ich stand mit all meinen Freunden in der Küche und wir haben zusammen gearbeitet, gelacht und gekocht. Dass ein Fotograf dabei
war, haben wir kaum bemerkt. Ich hoffe, dass der Leser die Stimmungen in den Betrieben meiner Freunde und die Gastfreundschaft spüren kann. Wir haben über ein Jahr lang an 23 Orten der Schweiz
gearbeitet und dieses Vorgehen unterscheidet meines Erachtens das Buch «Amitié gourmande» von anderen Kochbüchern, die in Kochstudios in zwei oder drei Tagen durchfotografiert werden.
Besonders ist auch, dass die Menüs in ihrer Abfolge nicht genormt sind. So habe ich mit meinem Walliser Freund und Trockenfleischproduzenten Louis Fleury fünf Vorspeisen zubereitet und mein
Kollege Fabrice Taulier vom Hotel du Lac in Vevey wollte in seinem Fünf-Gang-Menu zwei Desserts präsentieren.
Während rund dreissig Jahren war das «Fletschhorn» in Saas Fee Ihr Zuhause. Mit Leib und Seele führten Sie dieses Restaurant zusammen mit Ihrem Mann Hans-Jörg. Nun haben Sie den Betrieb einem Team übergeben, welches das «Fletschhorn» im ursprünglichen Sinne weiterführt. Fehlt Ihnen die Arbeit und die Gäste des «Fletschhorns»?
Die Übergabe des «Fletschhorns» hat mir Raum für all die Projekte eröffnet, die schon lange in meinem Hinterkopf gediehen sind: Ich koche in Mauritius mit den Saveurs Gstaad, bin an der «Nuit des
Neiges» in Crans-Montana dabei und jedes Jahr vor Weihnachten koche ich während eines Monats im «Kiosk» in Zürich, dem Restaurant meines Freundes Michel Péclard.
Im Juli fahre ich nach Tallinn, Estland und Litauen, wo ich die ansässigen Köche in der Kunst der Gourmetküche ausbilde. Dann geht es weiter nach Singapur, wo ich für eine Gourmetwoche als
Gastköchin eingeladen bin. Jedes Jahr im Februar bin ich mit befreundeten Köchen am Gourmet-Festival in St. Moritz anzutreffen. Selbstverständlich koche ich auch oft privat für meine Gäste - was
mir besonders gut gefällt!
Was ist für Sie nach so vielen Jahren hinter dampfenden Kochtöpfen die Herausforderung an Ihrem Beruf?
Ich lerne immer weiter. Ich lerne neue Produkte, neue Menschen und gute Köche kennen und kann mich wieder und wieder inspirieren lassen.
Was ist für Sie das Wichtigste in der Küche?
Das Wichtigste sind gute Produkte - sie bilden die Basis. Es ist unabdingbar, dass man alles selber macht, selber herstellt. Dazu braucht es Kreativität, Freiräume und Grosszügigkeit.
Ein kleinlicher Mensch kann nicht gut kochen. Man muss zudem bereit sein, vielseitig zu sein, darf sich nicht zu eng spezialisieren.
Es braucht alle Facetten des Berufes. Ob als Patissier, in Vor- oder Hauptspeisen, man muss überall stark sein. Es erfordert auch den Mut zur Individualität und die Bereitschaft zu reisen, andere
Länder und deren Kochtraditionen kennen zu lernen. Es gibt keinen schöneren Beruf, als Koch zu sein. Das Essen ist der wichtigste Teil im Leben. Wie kann man ein guter Chirurg oder Politiker
sein, ohne gutes Essen? «Es ist die erste grosse Kunst im Leben», sich gut und ausgewogen zu ernähren. In Gesellschaft ein gutes Essen am gemeinsamen Tisch zu geniessen, kann im Leben vieles
ändern und reglen. Die Sauce muss besonders fein abgestimmt werden - sie ist die Seele eines jeden Gerichtes. In der Küche zählt letztlich nur das Resultat, damit es dem Gast schmeckt.
Irma Dütsch, wagen wir einen Blick in die Zukunft. Was sind Ihre nächsten Ziele?
Ich habe meinen Beruf sehr jung erlernt und wusste schon als kleines Mädchen, dass ich Koch werden wollte. Dazu hatte ich das Glück, dieses Ziel verwirklichen zu können. Mein Wissen weiterzugeben und andere von meinem Talent profitieren zu lassen, das ist meine Zukunft, mein Ziel. Ich sehe dies als Verpflichtung. Meine Rezepte brauche ich nicht in den Himmel zu tragen, denn dort warten andere grosse Köche und Freunde auf mich: Alain Chapel, Hans Stucki und viele weitere. Es ist ein grosser Tisch - «La Traviata» - und viele sind schon da! Mein Leben geht gleichsam weiter. Ich arbeite, solange ich kann, und plane bereits mein nächstes Kochbuch. Wiederum etwas Besonderes. Verraten kann ich nur so viel: fernöstliche Küche für die Schweizer Köchinnen und Köche - leicht umgesetzt. Lassen Sie sich überraschen!
Herzlichen Dank, Irma Dütsch.
Annette Weber
Weber AG Verlag, Thun